„Journalisten sind Nervensägen. Aber sie nerven für eine gute Sache.“
Wissenschaftsjournalist*innen berichten über Ihre Arbeit.
Am 29. Oktober hat die Junge Presse e.V. fünf Wissenschaftsjournalist*innen zu einem Digital Meetup eingeladen, um über die Kernfrage “Wozu Wissenschaftsjournalismus?” zu diskutieren. Jeder Standpunkt der Speaker*innen wurde beleuchtet, doch bei einem waren Sie sich deutlich einig: Wissenschaftsjournalismus ist wichtig und braucht einen Platz in unserer Gesellschaft! Und auch, wenn wir in diesem Jahr so viel wie noch nie vom Wissenschaftsjournalismus gehört haben, gibt es noch offene Fragen und genau diese wurden auch gestellt… Es gab eine heiße Diskussionsrunde zwischen den Teilnehmenden und unseren Speaker*innen:
- Marie Eickhoff, Redakteurin bei WDR Quarks
- Manon Bischoff, Redakteurin bei Spektrum der Wissenschaft
- Julian Aé, Redakteur bei WELT Wissen
- Marleen Halbach, stellv. Redaktionsleiterin beim Science Media Center Germany
- Franco Zotta, Geschäftsführer der Wissenschafts-Pressekonferenz e.V. Geschäftsstelle
“Wir filtern, welche wissenschaftlichen Erkenntnisse es wert sind, an die breite Öffentlichkeit zu gelangen”, so stellt Halbach zugleich Ihre Arbeit als auch die Relevanz von Wissenschaftsjournalismus dar. In Zeiten von Covid-19 ist es wichtiger denn je, dass uns die Ergebnisse der Wissenschaft erreichen, sie von Fake News abgegrenzt werden und wir sie auch verstehen.
Wir müssen aus unseren “Bubbles” geholt werden und anfangen die “Mainstream-Medien” zu hinterfragen. Mit den zunehmenden Nutzerzahlen auf sozialen Netzwerken konkurrieren Journalist*innen immer häufiger mit vielen privaten, unbekannten und neuen Playern. So sind in den letzten Jahren parallele Medienwelten entstanden, in denen nicht die journalistischen Standards gelten und die sich auch daran nicht messen lassen. Diese neuen, unantastbaren Meinungsmacher*innen können eine Chance sein, sind zeitgleich aber eine große Gefahr allgemein für faktenbasierten, qualitativen Journalismus. Doch auch Wissenschaftsjournalismus wird interaktiver und muss sich dem Diskurs mit Nutzern stellen.
Wissenschaft begegnet uns jeden Tag, Schlussfolgerung: wir brauchen jeden Tag die Arbeit von Wissenschaftsjournalist*innen, um uns über die wissenschaftlicher Erkenntnisse zu informieren. Gefiltert zu informieren. Doch das setzt auch eine intensive Recherche heraus. Wie lässt sich nun dies und die Schnelligkeit der Veröffentlichung miteinander vereinen? Journalist*innen müssen eine große Informationsflut in immer kürzerer Zeit bewältigen.
Neben dem Qualitätskiller Zeitdruck sind die immer stärker polarisierten Räume eine große Herausforderung des Wissenschaftsjournalismus. “In vielen Themen bilden sich Lager, die gegeneinander kämpfen. Was Wissenschaftsjournalisten tun, ist sich die Fakten anzugucken und durch Versachlichung eine Diskussion zu ermöglichen“, so Zotta. Teilnehmende fragten sich, ob man bei dieser Arbeit schnell angreifbar ist. Beantwortet wurde diese Frage mit der Ebene von Argumenten. Bewegt man sich auf einer Ebene von guten Argumenten, sei man nur schwer angreifbar. Zwar werde man angegriffen, aber man kann sich auf wissenschaftlicher Basis mit Fakten wehren.
Zuletzt haben wir uns noch mit Wissenschaftsjournalismus zur aktuellen Zeit beschäftigt. Dazu lässt sich sagen, dass er unter der Pandemie ächzt. Wir haben eine sehr widersprüchliche Situation. In diesem Jahr haben wir so viel vom Wissenschaftsjournalismus gehört wie noch nie. Gleichzeitig hat die Corona-Krise die wissenschaftlichen Redaktionen nachhaltig geschwächt. Es besteht eine große Nachfrage an wissenschaftlichen Beiträgen, aber die Verlage müssen ihr Budget immer enger schnüren, weil viele Anzeigenkund*innen ihre Anzeigen zurückziehen. So haben sich die Arbeitsbedingungen für Wissenschaftsjournalisten verschlechtert.
Wie kann der Wissenschaftsjournalismus denn nun gestärkt werden?
Wir, als Teil der Bevölkerung, müssen die Bevölkerung bestärken, dass die Arbeit von Wissenschaftsjournalist*innen nicht wegzudenken ist. Wir müssen Ideen entwickeln, wie der Wissenschaftsjournalismus auch in der Zukunft funktionieren kann. Ein Hoffnungsträger könnten Stiftungen sein. Sie können jungen Journalist*innen ein Budget zur Verfügung zu stellen, um neue Ideen zu fördern, die sich neue Perspektiven und neue wissenschaftliche Formate zu entwickeln, die für Bürger*innen interessant sind.
Nun für euch! Tipps für gute wissenschafts-journalistische Arbeit:
- Nicht nur die Pressemitteilung der Universitäten wahrnehmen und veröffentlichen, sondern auch Experten befragen, die eine andere Meinung haben
- Transparent kommunizieren, auf welchem Stand der Forschungsprozess ist (z.B. Peer-Reviews berücksichtigen)
- „Unsicherheit mitkommunizieren“ = Vertrauen schaffen, in dem Lücken in der Forschung aufgezeigt werden
- Kritische Distanz zu Themen wahren und intersubjektiv nachvollziehbar aufzeigen
Die Junge Presse bedankt sich bei allen Speaker*innen für die gelungene Kooperation sowie bei den Teilnehmenden für Ihre Offenheit Fragen zu stellen!